Mietwagenkosten – Anforderungen an die Erkundigungspflicht des Geschädigten
Hintergrund
Das LG Ansbach entschied als Berufungsinstanz einen Fall, bei welchem die Klägerin (ein vorsteuerabzugsberechtigtes Unternehmen) nach einem unverschuldeten Verkehrsunfall einen Ersatzwagen anmietete. Der Unfall wurde durch ein bei der Beklagten haftpflichtversichertes Quad am 15.08.2013 verursacht.
Die Klägerin mietete bei einem regionalen Autovermieter bereits am 16.08.2013 einen Mietwagen an, um den Ausfall des verunfallten Fahrzeugs zu überbrücken. Angemietet wurde vom 16.08.2013 bis 28.08.2013. Für ein Fahrzeug der Mietwagenklasse 8 berechnete der Autovermieter 2.102,40 € netto. Der Mietwagen wurde seitens des Autovermieters zum Autohaus am Firmensitz der Klägerin verbracht und auch wieder abgeholt.
Vorgerichtlich erkannte die Beklagte lediglich Mietwagenkosten in Höhe von 844,54 € an. Die hiernach vor dem Amtsgericht erhobene Klage war in Höhe von 405,88 € erfolgreich. Das Amtsgericht schätzte unter Berücksichtigung pauschaler Aufschläge anhand des Fraunhofer-Marktpreisspiegels.
Hiergegen ging die Klägerin in Berufung und berief sich auf den Umstand, dass vor der Anmietung mehrere Vergleichsangebote bei anderen regionalen Anbietern eingeholt worden waren, welche allerdings keine wesentlich günstigeren Tarife beinhalteten. Die Vergleichsangebote wurden durch den Autovermieter für die Klägerin eingeholt.
Vorgelegt wurde im Prozess ein Screenshot der Internetseite der Firma Sixt, aus welchem sich ergab, dass zum Zeitpunkt des 16.08.2013 um 08:00 Uhr und auch um 11:30 Uhr kein Mietfahrzeug der gewünschten Kategorie bei der regionalen Anmietstation zur Verfügung stand.
Weiterhin wurde ein Screenshot der Fa. Europcar vorgelegt. Aus diesem ergab sich ein Tagestarif in Höhe von 169,98 € für ein Fahrzeug der angemieteten Mietwagenkategorie.
Klägerseits wurde argumentiert, dass damit zum einen die Klägerin ihren Erkundigungspflichten nachgekommen wäre und zum anderen sich aus den Auskünften der Anbieter Sixt bzw. Europcar ergeben hätte, dass die Zahlen des Fraunhofer-Marktpreisspiegels nicht zutreffen können. Das Berufungsgericht folgte dieser Argumentation allerdings nicht und wies die Berufung kostenpflichtig zurück. Allerdings wurde die beantragte Revision ausdrücklich zugelassen. Das Urteil ist also zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht rechtskräftig.
Aussage
Das LG Ansbach war der Ansicht, dass unter dem Aspekt der subjektbezogenen Schadenbetrachtung die entstandenen Mietwagenkosten nicht erstattungsfähig seien.
Unabhängig von der Frage, ob die Einholung von Vergleichsangeboten der Mietwagenfirma überlassen werden könne, rechtfertige sich nach der Auffassung der Kammer vorliegend nicht der von der Klägerin gezogene Schluss, dass dieser kein Mietwagen einer vergleichbaren Kategorie zu einem geringeren Preis zur Verfügung gestanden habe.
Die Kammer verkenne nicht, dass die Klägerin nicht zu einer Markterforschung in Bezug auf verfügbare Mietwagenangebote verpflichtet sei. Allerdings habe im konkreten Fall der Anmietung bereits eine Anmietdauer von weit mehr als einer Woche im Raum gestanden. Außerdem hätte von der Klägerin die Einholung zweier weiterer Mietwagenangebote erwartet werden können.
Es sei allgemein bekannt, dass bei Anmietung über einen Zeitraum von einer Woche und mehr regelmäßig günstigere Wochenpreise zur Anwendung kämen. Die Klägerin hätte somit nicht nur Tagestarife abfragen dürfen. Letztendlich hätten Wochenpreise der Konkurrenzunternehmen abgefragt werden müssen. Somit sei das Amtsgericht zur Schätzung erforderlicher Mietwagenkosten berechtigt gewesen, die Schätzgrundlage des Fraunhofer-Marktpreisspiegels wurde als geeignet bestätigt.
Auch spreche der Vortrag auf Klägerseite nicht gegen die generelle Geeignetheit des Fraunhofer-Marktpreisspiegels. Dieser weise bezüglich der hier maßgeblichen Fahrzeugklasse einen Tagesmittelwert von 133,72 € aus. Der von Europcar benannte Preis von 169,98 € liege zwar darüber, allerdings wiederum unterhalb des Maximums des Fraunhofer-Marktpreisspiegels von 178,00 €. Das LG Ansbach sah also keinen Anlass gegeben, von der Schätzgrundlage des Fraunhofer-Marktpreisspiegels im konkreten Fall abzuweichen.
Bestätigt wurden seitens des LG Ansbach zusätzliche Kosten für die Haftungsreduzierung. Der Fraunhofer-Marktpreisspiegel berücksichtige Tarife mit einer Selbstbeteiligung in der Haftungsreduzierung von 750,00 € bis 950,00 €. Im konkreten Fall lag die Selbstbeteiligung bei lediglich 500,00 €. Die Mehrkosten für die Reduzierung der Selbstbeteiligung in der Haftungsreduzierung schätzte das LG Ansbach auf 10,00 € netto täglich.
Außerdem sprach das Gericht Zuschläge für das Automatikgetriebe und die Zustell- und Abholkosten zu. Einen Eigenersparnisabzug in Höhe von 3 % hielt das LG Ansbach trotz einer (längeren) Anmietdauer von 13 Tagen für völlig ausreichend.
Praxis
Das Berufungsurteil des LG Ansbach beschäftigt sich mit Problemen der Mietwagenrechtsprechung, welche noch weitgehend ungeklärt sind. Hier liegt eine Chance für die Autovermieter begründet, zukünftig Mietwagenkosten unabhängig von der heftig umstrittenen Frage, nach welcher Schätzgrundlage diese zu ermitteln sind, durchzusetzen.
Ausgangspunkt der Argumentation ist, dass der Fraunhofer-Marktpreisspiegel im Hinblick auf die zweistelligen Postleitzahlenregionen ausschließlich auf den Daten sechs überregional tätiger Anbieter beruht. Hierzu gehören auch die Anbieter Europcar, AVIS und Sixt.
In der Praxis kommt es durchaus vor, dass Anrufe des Geschädigten bei diesen Anbietern vor der Anmietung ergebnislos bleiben und konkrete Tarife nicht benannt werden können. Entweder erhält der Geschädigte telefonisch überhaupt keine Auskunft oder es werden ihm Tarife benannt, welche nicht wesentlich günstiger bzw. sogar teurer sind als diejenigen des Schwacke-Automietpreisspiegels.
Eine Auskunft wird überhaupt nur dann erteilt, wenn der Interessent den Namen und die Schadennummer der eintrittspflichtigen Versicherung mitteilt. Dann kann selbstverständlich keinesfalls mehr davon die Rede sein, dass es sich bei den dann angebotenen Tarifen um solche des freien Marktes handelt, welche dem Geschädigten auch unmittelbar zugänglich sind.
Im konkreten Fall hielt das LG Ansbach die Ergebnisse derartiger Erkundigungen für durchaus relevant. Allerdings monierte es, dass eben nur Tagestarife abgefragt wurden. Hier muss sich das LG Ansbach die Frage gefallen, wieso ein Geschädigter, welcher noch nicht einmal das Gutachten zum Unfallschaden vorliegen hat, ins Blaue hinein einen Wochentarif abfragen soll, obwohl ihm noch gar nicht die exakte Anmietdauer bekannt ist.
Es stellt sich dann weiter die Frage, ob der Geschädigte nach Ablauf einer Woche zu ähnlich günstigen Konditionen einen Ersatzwagen bekommt. Unter Umständen müsste der Geschädigte dann von Neuem anfangen, sich nach Tarifen zu erkundigen und zu vergleichen.
All dieser Aufwand ist dem Geschädigten doch gar nicht zumutbar. Die Entwicklung der Rechtsprechung in dieser Frage bleibt allerdings abzuwarten.